| Eine unbeschwerte Kindheit inmitten von Reichtum und Sorglosigkeit prägten die frühen Jahre Baronessas, und man hätte meinen können, dass sich ihr Leben als eine endlose Folge von galanten Maskenbällen mit Reigen glühender Verehrer fortsetzen würde. Aber das Schicksal hatte einen anderen Weg für sie vorgesehen und weihte sie schon bald in die unerbittlichen Wahrheiten des Krieges ein... Als einziges Kind eines angesehenen Feldherrn fehlte es der jungen Baronessa an nichts – im prunkvollen väterlichen Anwesen außerhalb der Stadt lebte sie in Einheit mit der Natur und ihren Wesen, umsorgt von einer ganzen Riege von Kinderfrauen und Dienerinnen, die ihr jeden Wunsch von den Lippen ablasen. Sie spielte tagein tagaus auf den Wiesen mit allen Tieren und erfreute ihre Umwelt mit ihrem zauberhaften, sonnigen Gemüt. Einzig der Mensch, den sie am meisten liebte, blieb ihrem kindlichen Charme gegenüber merkwürdig kühl und verhalten – ihr Vater. Er hatte von Natur aus einen strengen und stolzen Charakter, der sich durch die zahlreichen Schlachten und die Gräuel des Krieges zusätzlich verhärtet hatte. Obwohl er seine Tochter liebte, wünschte er sich insgeheim einen Sohn als Erben seines kriegerischen Ruhms. Seinem Ehrgeiz folgend, entschied er sich zu einem radikalen Schritt: Er jagte alle Kinderfrauen fort und gab Baronessa in die Obhut eines befreundeten Gardesergeanten im Ruhestand, der sie zu einer würdigen Kriegerin erziehen sollte. Der Gardesergeant hatte drei Söhne, mit denen Baronessa gemeinsam ausgebildet wurde. Der Sergeant nahm seine Sache sehr ernst und in kurzer Zeit verlor Baronessa alle mädchenhaften Verhaltensweisen und ging ganz im Training auf. Sie zeigte sich äußerst talentiert, lernte schnell und holte in kürzester Zeit den Rückstand auf, den sie zu Anfang gegenüber den drei Jungen gehabt hatte. Vergessen waren die kindlichen Spielereien, denen sie sich noch vor kurzer Zeit hingegeben hatte. Nun bestand ihr Tagesinhalt morgens aus theoretischen Abhandlungen über verschiedene Arten der Kriegskunst sowie der Militärgeschichte Feos und nachmittags aus praktischer Ausbildung in Kampftechniken. Gemeinsam mit den Söhnen des Sergeants lernte Baronessa fechten, reiten und jagen, so dass sie im Alter von 14 Jahren, als ihre Altersgenossinnen sich auf ein friedliches, bürgerliches Leben als brave Hausfrauen vorbereiteten, bereits die wildesten Reittiere lenken konnte und eine schier unglaubliche Bandbreite an Waffen beherrschte. Doch dann brach der Krieg in Baronessas Leben auf eine Weise ein, die ihr Leben jäh veränderte. Baronessa war 17, als ihr Vater eines Tages aus einer Schlacht nicht wieder nach Hause kam. Auf der Beerdigung stand sie schweigend neben den Ehrenwachen, und nur die kalten, trotzigen Tränen auf ihren bleichen Wangen verrieten ihre Gefühle. Dieser Tag nahm ihr die Unbeschwertheit ihres früheren Daseins für immer; sie wurde unerbittlich und erbarmungslos. Ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte sie das Erbe ihres Vaters angetreten, und war auf dem besten Weg, seinen Ruhm alle Ehre zu machen. Baronessa wurde eine gefürchtete Kriegerin. In Schlachten schauten ihre Feinde vorsichtig in die Ferne um zu erkennen, ob dort nicht die bekannte schlanke Figur in der matt schimmernden Rüstung am Horizont auftauchen würde. Und wenn sie sich zunächst als Schatten, dann immer deutlicher aus dem Getümmel der kämpfenden Gegner erhob, kroch ihnen die Angst in alle Glieder. Konnte dieses Mädchen mit der furchteinflößenden Aura und den außergewöhnlichen Kampffähigkeiten eine Sterbliche sein? Oder war sie ein von den Göttern geschickter Racheengel, der die Gerechtigkeit einfordern und wieder herstellen sollte? Aber wenn Baronessa nach den Schlachten zurück in ihr Haus nach Dartrong kehrte, war sie fast wieder das zauberhafte Mädchen von früher und niemand , der die zerbrechliche junge Frau ansah, konnte sich auch nur vorstellen, dass sie Furcht und Schrecken in die Herzen ihrer Feinde säen könnte. Nur ein schwaches, kaum merkbares Feuer, das in der Tiefe ihrer Augen glimmte, ließ erahnen, warum sie in ihren Freunden die Hoffnung auf eine gerechtere Zukunft erweckte. | |